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01.02.2020 / Simona Buss, Rainer Burkardt

Chinas neues Investitionsgesetz für ausländische Investitionen ab 2020 - Neuer Zugang für internationale Investoren zum Riesenmarkt

Das neue ausländische Investitionsgesetz Chinas

Im März 2019 verabschiedete der nationale Volkskongress das ausländische Investitionsgesetz, das Foreign Investment Law („FIL“), welches zu Beginn dieses Jahres, mit 1.1.2020, in Kraft trat.

Üblicherweise werden zentralstaatliche Gesetze von den Behörden mittels begleitenden Umsetzungsbestimmungen konkretisiert. So auch das FIL: in der letzten Dezemberwoche 2019, nur knapp vor dessen Inkrafttreten, wurden von unterschiedlichen chinesischen Behörden begleitende Bestimmungen erlassen, die das FIL für die praktische Anwendung umsetzen sollten.

Diesem Konkretisierungsauftrag sind die Behörden jedoch nicht nachgekommen, denn die begleitenden Bestimmungen – wie auch das FIL selbst – erschöpfen sich fast ausschließlich in allgemein gehaltenen Formulierungen.

Zusammengefasst bringen diese Maßnahmenpakete im Wesentlichen folgende Neuerungen:

 

Generelle Schutzklauseln für ausländische Investitionen

Laut Ankündigung der chinesischen Regierung steht das FIL im Dienst der Öffnung des Landes sowie dem Schutz ausländischer Investitionen in China.

Diese Ziele setzen sowohl der Gesetzestext des FIL als auch die begleitenden Bestimmungen nur in Form von vagen Regelungen um, wie unter anderem, dass der chinesische Staat einen fairen Wettbewerb gewährleistet oder Geschäftsgeheimnisse ausländischer Investoren geheim hält.

Insbesondere Artikel 22 des FIL, welcher festhält, dass der chinesische Staat das geistige Eigentum von ausländischen Investoren schützt, schlug hohe Wellen in den internationalen Medien. Viele verstanden diese Regelung als Friedensgeste Chinas im Hinblick auf die Vorwürfe seitens der USA im andauernden Handelskrieg.

Praktisch lassen sich aus dieser allgemein formulierten Schutzklausel jedoch weder Rechtsbehelfe noch Ansprüche ableiten. Deshalb ist diese Klausel rechtlich für den einzelnen Investor bedeutungslos. Auch die begleitenden Bestimmungen nehmen hierzu keine Präzisierung vor. Sie halten bloß fest, dass es den Behörden untersagt ist, unter dem Deckmantel administrativer Maßnahmen oder Kontrollen, ausländische Investoren zum Transfer ihres geistigen Eigentums zu zwingen.

Da der Schutz des geistigen Eigentums bereits durch bestehende Gesetze geregelt wird und auch bisher das Verbot korrupten Behördenhandelns galt, stellen Artikel 22 des FIL sowie die begleitenden Bestimmungen im Bereich des IP-Schutzes keinen Mehrwert für ausländische Investoren dar, sondern wiederholen lediglich die bereits bestehende  Gesetzeslage.

 

Neuerungen für Joint Ventures

Gleichstellung durch allgemeines Unternehmensgesetz

Neben den genannten, weitgehend vagen Formulierungen des FIL, beinhaltet dessen Artikel 31 die einzige bahnbrechende sowie konkrete Regelung: Die bestehenden Sondergesetze über chinesisch-ausländisch investierte Joint Ventures und über 100% ausländisch investierte Gesellschaften, die zwischen 1978 und 1988 erlassen wurden, werden außer Kraft gesetzt. Es soll somit erstmals ein für alle Investitionsvehikel einheitliches Gesetz gelten, nämlich das allgemeine Unternehmensgesetz Chinas. Ausländische Investoren werden nunmehr, was die Ausgestaltung ihrer Gesellschaftsgründungen in China anbelangt, den rein-chinesisch investierten Gesellschaften gleichgestellt.

ACHTUNG: Diese Harmonisierung gilt jedoch nur für die Ausgestaltung der Organisationsstruktur von Unternehmen. Denn ausländische Investoren sind in China regulatorischen Beschränkungen unterworfen,  die entweder die Direktinvestition in gewissen Industrien untersagen oder in gewissen Bereichen das Erfordernis der Zusammenarbeit mit einem chinesischen Partner in Form eines Joint Ventures verlangen. Für die Frage des Zugangs zum chinesischen Markt gelten daher für ausländische Investoren nach wie vor Ausnahmeregelungen.

 

Auswirkung insbesondere für Joint Ventures

Da bisher vor allem die Organisationsstruktur von Joint Ventures durch die Sondergesetze – in Abweichung vom allgemeinen Unternehmensgesetz – modifiziert wurde, betrifft das FIL im wesentlichen Joint Ventures.

Bei diesen Sondergesetzen handelte es sich bisher beispielsweise um das Einstimmigkeitserfordernis in bestimmten wesentlichen Geschäftsentscheidungen, wie unter anderem die Auflösung der Gesellschaft oder die zwingende Regelung des Board of Directors als höchstes Entscheidungsorgan anstatt der Gesellschafterversammlung etc.

Ausgehend davon bestand bisher eine der größten Herausforderungen für ausländische Investoren in einem Joint Venture darin, dass wesentliche Entscheidungen, u.a. die Satzungsänderung oder Investitionsentscheidungen von allen Direktoren einstimmig getroffen werden mussten. Da jeder Investor unabhängig von seinem Geschäftsanteil Anspruch auf einen Direktorenplatz hatte, hatte so der Minderheitsgesellschafter weitgehende Vetorechte.

Der Wegfall dieser Beschränkungen ermöglicht es nunmehr, die Organisationsstruktur von Joint Ventures flexibler an die Bedürfnisse der Gesellschafter anzupassen.

Bereits bestehende Joint Ventures, die vor 2020 gegründet wurden, sind nun angehalten, ihre Organisationsstruktur bis spätestens Ende 2024 an das allgemeine Unternehmensgesetz anzupassen.

 

Kürzere Gründungsdauer

Aufgrund des Sonderregimes für ausländische Investoren, waren Unternehmensgründungen bislang für ausländische Investoren sowohl vom Zeitaufwand als auch von den formalen Anforderungen her aufwändiger als für rein-chinesische Investoren. Da nunmehr für ausländische Investoren auch die Regelungen des allgemeinen Unternehmensgesetzes gelten, bringt das FIL samt dessen begleitende Maßnahmen insgesamt eine schlankere Ausgestaltung der Gründungsprozedur.

 

Beteiligung an ausländischen Investitionen durch chinesische natürliche Personen

Unter dem bisherigen Sonderregime für Unternehmensgründungen ausländischer Investoren war es chinesischen natürlichen Personen nicht möglich, gemeinsam mit ausländischen Investoren eine Gesellschaft zu gründen. Dies war, bis auf wenige Ausnahmen, chinesischen juristischen Personen vorbehalten.

Nunmehr ergibt sich aus den begleitenden Bestimmungen zum FIL, dass auch chinesischen natürlichen Personen die direkte Beteiligung an Joint Ventures erlaubt ist.

 

Erstreckung des FIL auf Investoren von Macao und Hongkong

Nach Verlautbarung des FIL im März letzten Jahres war noch unklar, ob Investoren aus Macao und Honkong vom Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst sind. Die begleitenden Maßnahmen halten hierzu ausdrücklich fest, dass Investoren aus Hong Kong und Macao als ausländische Investoren gelten.

 

Offene Unklarheiten

Unter den bisherigen Sondergesetzen galt für ausländisch investierte Unternehmen das Erfordernis der Festlegung der Gesamtinvestition. Diese Gesamtinvestition muss von den Gesellschaftern nicht tatsächlich aufgebracht werden, sondern ist ausschlaggebend für das Maximum an Auslandsverbindlichkeiten, das ein Unternehmen eingehen darf.

Aus dem FIL und dessen begleitenden Bestimmungen ist nicht ersichtlich, ob dieses Konzept der Gesamtinvestition nun weiterhin in Geltung ist. Die zuständigen Behörden gaben hierzu bisher keine Informationen bekannt – die Praxis wird in den nächsten Monaten zeigen, wie seitens der Behörden die Gesetzeslage interpretiert wird.

 

Fazit

Aus derzeitiger Sicht bietet das FIL samt dessen begleitenden Bestimmungen lediglich punktuelle Neuerungen, vor allem in Bezug auf die Organisationsstruktur von Joint Ventures. Das Versprechen, von dem das FIL getragen war, nämlich dass es erhöhten Schutz für ausländische Investoren sowie eine weitere Öffnung des chinesischen Marktes bringe, wurde weder durch das FIL noch durch dessen begleitende Bestimmungen erfüllt.

 

Den Artikel finden Sie auch unter dem folgenden Link:

China: Ab 1.1.2020 gilt ein neues Investitionsgesetz für ausländische Beteiligungen- Foreign Investment Law (FIL) - WKO.at

www.wko.at